Hans Sieverding / Eine verdichtete Wirklichkeit / Von Roland Held – 30.01.2019

Er war einer, der sich in der Mitte des Lebens noch einmal einen neuen Lebensmittelpunkt wählte.: Fast drei Jahrzehnte hat der nach schwerer Krankheit am 17. Januar im Alter von 81 Jahren verstorbene Maler seine Wohnung und sein Atelier in den zweckdienlich umgebauten Stallungen von Schloss Fürstenau bei Michelstadt gehabt.

Eine verdichtete Wirklichkeit
Der Odenwald war dem Maler Hans Sieverding ein zweites Zuhause. Das Bild zeigt ihn 2017 in seinem Atelier im Nebengebäude von Schloss Fürstenau bei Michelstadt. Foto: Guido Schiek

Für den 1937 in Wenstrup (Oldenburg) geborenen Maler wurde der Odenwald dabei zur zweiten Heimat seiner Fantasie, obwohl er schon in seiner vorherigen fest verwurzelt, dazu künstlerisch-kollegial bestens vernetzt war. Lange hatten die stillen Ufer des Niederrheins, das gemächliche Strömen des Flusses ihm Inspirationen geliefert. Er formulierte es so: „Landschaften sind meine Selbstporträts“.

Zugleich mit der Entdeckung des an Wäldern und Tälern dichter gepackten Mittelgebirges hob gegen 1990 jedoch eine neue Schaffensphase an. Dichter wurden auch die Bilder, im Übereinanderblenden von Ebenen, leidenscha!lich gepinselter Farbfläche und scharf-linearen Einsprengseln, Abstraktion und Figuration, Versatzstücken aus Architektur, Naturreich und Menschengestalt. Wenn zur Malerei Zeichnung trat, dann nie, um Wirklichkeit zu duplizieren. Stattdessen ging es Hans Sieverding um das Finden von Zeichen für eine innere, wiederum verdichtete Wirklichkeit mit Verweisen auf Historisch- Gesellschaftliches.

Er kam in unsere Region als etablierter Künstler, mit von der Schweiz und die Benelux-Staaten bis nach USA, Kanada, Mexiko reichenden Galerie-Kontakten. 1993 trat er der Darmstädter Sezession bei, in deren Vorstand er neun Jahre lang mitgewirkt hat. Längere Zeit unterhielt er Zweitwohnung und -atelier in Berlin, bemühte sich aber zugleich, zeitgenössische Kunst nach Michelstadt zu bringen – etwa durch ein 1996 in Schloss und Park Fürstenau durchgeführtes Bildhauer-Symposium.

Die bereits am Niederrhein begonnene Praxis, seine eigene Produktion in thematischen Projekten und umfangreichen Bildserien zu bündeln, setzte er in Schloss Fürstenau verstärkt fort. Es entstanden Zyklen, angeregt von Reiseaufenthalten oder Lektüre. So trug 2002 die Ausstellung großformatiger Holzschnitte in der Kunsthalle Darmstadt, die auf die Auszeichnung mit dem Jakob-Felsing-Preis folgte, das Motto „wirklich utopisch“. Zum Qualitätskern seines Werks gehört auch der von antikem Mythos angeregte Malerei-Zyklus „Arkadien“.

„Et in arkadia ego – Auch ich war in Arkadien“: Diesen Satz mit Anklängen an sorgenenthobene Zustände und Paradiesisches las man auch auf Hans Sieverdings Trauerkarte abgedruckt.

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