Nienstedt, Sigrid – 1999

Mitglied der Darmstädter Sezession seit 1999
Malerei
Hauptpreis der Sezession 1999
* 23.07.1962 in Krebeck
Lebt und arbeitet in Hamburg und Krebeck
sigrid.nienstedt@gmx.de
www.sigridnienstedt.de

Sigrid Nienstedt studierte 1981-87 an der HBK Braunschweig bei Ben Willikens, 1987 als seine Meisterschülerin. 1990 und 2000 verbrachte sie im Gastatelier in der Villa Romana, Florenz, 2003 war sie Stipendiatin des Internationalen Künstlerhauses Villa Concordia in Bamberg.

Preise und Auszeichnungen

1997
Preisträgerin „Kunst im Haus“, Magdeburg

Hafen und oranger Horizont, 2022, Öl auf Leinwand, 80x80cm
Sportplatz, 2020, Öl auf Leinwand, 140x140cm
Schneeleopard und Stadtlichter, 2022, Öl auf Leinwand, 120x100cm
Kuh und Hafen, 2022, Öl auf Leinwand, 100x100xm
Katta in Stadt, 2021, Öl auf Leinwand, 60x60cm
Nacht, Wolken und hellblaues Ufer , 2021, Öl auf Leinwand, 100x100cm

Wilde Begegnungen

Ein Gorilla im rosa Licht von Berlin, eine Kuh vor dem abendlichen Hamburger Hafen und ein Schaf nachts inmitten einer Stadt – so sieht Sigrid Nienstedts künstlerische Auseinandersetzung mit einem der elementaren Themen unseres Lebens aus: der Mensch, sein Verhältnis zu unseren Mitgeschöpfen und die ihn umgebende Natur in ihrer komplexen Fragilität.
Einerseits zählt die Urbanisierung zu den größten Gefahren für die biologische Vielfalt, denn unter den riesigen Speckgürteln unserer Städte verschwindet die Natur fast völlig und das Artenspektrum ändert sich oft grundlegend. Andererseits bieten Städte auch vielfältige Lebensräume, die Tiere anziehen. Sie finden dort ganzjährig ein üppiges Nahrungsangebot sowie ein milderes Klima und nutzen Gebäude als Ruheplatz und Kinderstube für den Nachwuchs.
Sigrid Nienstedt schafft auf ihren Gemälden kuriose Szenarien, holt Wild- und Nutztiere vor oder in die Städte und gibt dem Betrachter das Gefühl, so absonderlich diese Bildwelten auch sein mögen, ähnliches schon einmal erlebt zu haben. Meist brechen Nienstedts Tiere in der Dämmerung oder Nacht aus ihren natürlichen Habitaten in Richtung Stadt auf. Dort, wo sie die Künstlerin zeigt, gehören die Geschöpfe nicht hin. Sie agieren als Ausdrucksträger für das Lebensgefühl des Menschen und blicken ängstlich (Eule), erschrocken (Katta) oder resigniert (Gorilla) aus dem Bild. Ratlos und hoffnungsvoll zugleich, versuchen sie sich mit der vorgefundenen Umgebung zu arrangieren.
Nienstedt zeigt die Vielschichtigkeit unseres modernen Lebens und löst mit ihren Kompositionen Geschichten im Kopf des Betrachters aus. Mit real existierenden Dingen wie Berlin und Gorilla, die in ihrer direkten Kombination fiktiv, aber dank künstlerischer Gestaltung, der alles überziehenden rosafarbenen Abendstimmung, wieder harmonisch wirken, versetzt uns die Künstlerin in einen metaphysischen Spannungsraum. Das überirdisch wirkende Licht des Himmels bildet die Kulisse für die darunter liegende Szene.
Doch der Himmel ist nicht allein atmosphärischer Bühnenraum, er suggeriert auch Bildtiefte wie auf Nacht, Wolken und hellblaues Ufer. Aus dramatisch aufgerissenen schwarzvioletten Wolken steigt dunstig gelbes Licht empor, das sowohl eine Änderung der düsteren Wetterlage als auch der Tageszeit verheißen kann. Die verstörend schönen, oft nur kurz sichtbaren Wetterphänomene akzentuiert Nienstedt in ihren jüngsten Arbeiten immer wieder mit einzeln gesetzten, dicken Pinselstrichen. Licht oder Wolke, das flüchtig Vorüberziehende, nicht Greifbare, pointiert die Künstlerin mit pastosem Farbauftrag, so dass Immaterielles auf der Leinwand sichtbare Substanz erfährt und den Betrachter abermals in seinen Sehgewohnheiten irritiert.
Carmen Behrens

 

Sigrid Nienstedt

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